Norröne Rezeption bei Wardruna mit Fokus auf dem Album „Yggdrasil“ Paul Konstan

Norröne Rezeption bei Wardruna mit Fokus auf dem Album „Yggdrasil“ Paul Konstantin Ring Jun.-Prof. Dr. Roland Scheel Apl. Prof. Dr. Matthias Teichert Philosophische Fakultät Skandinavistik Jun.-Prof. Dr. Roland Scheel Norröne Rezeption bei Wardruna mit Fokus auf dem Album „Yggdrasil“ Abschlussarbeit im Fach Skandinavistik des Zwei-Fächer-Bachelor-Studiengangs zur Erlangung des Akademischen Grades „Bachelor of Arts“ (B.A.) der Georg-August- Universität Göttingen vorgelegt am 09.11.2016 von Paul Konstantin Ring aus Wangen im Allgäu Danksagung Ich möchte mich herzlich bei meiner Familie und der Besetzung des Schwedisch-Raumes (auch tituliert als das ‚svenska kollektiv‘ oder das ‚Produktivitätskabinett‘) bedanken. Viele mehr oder minder gute Ratschläge sowie Kritik haben sowohl den Schreibprozess erleichtert als auch erheitert. Ein weiterer Dank gilt meinen Dozierenden am Skandinavischen Seminar für die stetige wissenschaftliche Unterstützung und Betreuung, namentlich Fr. Prof. Dr. Hoff, Hr. apl. Prof. Dr. Teichert, Hr. Jun.-Prof. Dr. Scheel und Fr. Dr. Kupferschmied. Auch den anderen Mitarbeitern des Seminars sowie der Besetzung des Glaskastens der Bibliothek des SDP ergeht ein Dankeschön für die Begleitung während der vier Jahre meines Bachelor-Studiums. Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1 2. Selbstdarstellung der Gruppe 2 2.1 Einar Selvik 2 2.2 Kristian Eivind Espedal 4 2.3 Schamanismus 6 3. Umsetzung 7 3.1 Die visuelle Ebene 8 3.2 Instrumentierung 11 3.3 Texte 13 3.3.1 Versmaß 13 3.3.2 Inhalt 17 3.3.3 Sprache 24 3.3.4 Quellen 26 4. Forschungsdiskurs 28 4.1 Lars Magnar Enoksen 28 4.2 Galdr und seiðr 29 4.3 Neopaganismus unter dem Gesichtspunkt der Rezeption 31 4.4 Umgang Wardrunas mit dem Quellenmaterial 32 4.4.1 Monolinguale Referenz 33 4.4.2 Heterolinguale Referenz 34 5. Schlussbetrachtung 35 Literaturverzeichnis 38 Appendix A I Appendix B VII Verpflichtungserklärung VIII 1 1. Einleitung ga ga gibu auja gibu auja wiþuʀ wija ansaʀ wija ga ga1 So lautet die Transkription der Runeninschrift im Booklet des Albums. Doch bevor sich der eigentlichen Übersetzung in Kapitel 3.1 gewidmet werden soll, wird bereits offenkundig, dass die Inschrift nicht einer einzigen Sprache folgt, sondern mehrere kombiniert. Dies zeigt sich an der Verwendung von zwei Varianten der algiʀ-Rune2 und noch gravierender daran, dass „wija“ aus dem Gotischen stammt, während die korrekte runengermanische Form „wiju“ lauten müsste.3 Doch wie kann dies von einer Band stammen, die für sich selbst in Anspruch nimmt, sich intensiv mit den Runen und den näheren sprachlichen Zusammenhängen der germanischen Sprachgeschichte auseinandergesetzt zu haben? Diese Frage als Ausgang nehmend, ist es das Ziel dieser Arbeit zur Erlangung des Akademischen Grades „Bachelor of Arts“, das Album „Yggdrasil“ der norwegischen Band Wardruna auf die Rezeption norröner Stoffe zu untersuchen und zu ergründen, welches Bild der norrönen Mythologie und Kultur vermittelt wird. Dazu wird unter Zuhilfenahme der entsprechenden Fachliteratur untersucht, wie die Liedtexte sprachlich, metrisch und thematisch aufgebaut sind. Zudem werden Interviews von zweien der drei Bandmitglieder,4 Kristian Eivind Espedal, Künstlername „Gaahl“, und Einar Selvik, Künstlername „Kvitrafn“, zu Rate gezogen, da diese Aussagen die Deutung der Band und des Albums beeinflussen und aus diesem Grunde für das Werk relevant sind. Dazu wird das Verhältnis der beiden Musiker zu norrönen Stoffen und ihre Absichten mit dem Projekt Wardruna näher beleuchtet. Auch der Umgang mit den Runen des Älteren Futhark soll genauer betrachtet werden, hierzu wird vor allem Klaus Düwels „Runenkunde“ zu Rate gezogen, aber es erfolgen ebenfalls kontrastive Abgleiche mit Lars Magnar Enoksens5 „Runor. Historia, tydning, tolkning“. Dieser steht in näherer Verbindung zur Gruppe, drei seiner Publikationen sind in ihrem Webstore zu erwerben und er hat den oben beschriebenen Runenvers verfasst, wofür ihm im Booklet explizit gedankt wird: „Lars Magnar Enoksen: Proto-Norse galder on AnsuR“.6 Des Weiteren gehen „[s]pecial thanks to: [...] Lars 1 Wardruna: Yggdrasil. Indie Recordings 2013, S. III. Siehe Appendix A; bei Verweisen auf das Album bezeichnet die Seitenzahl stets die Position in Appendix A. Einige der Scans sind zugunsten der Erkennbarkeit mit erhöhtem Kontrast und erhöhter Helligkeit bearbeitet worden. Die Transkription enthält bereits Worttrennungen. 2 Bei „wiþuʀ“ wird „z“ verwendet, während im Wort „ansaʀ“ aufgrund der Binderune die Variante „Z“ verwendet wird. 3 Vgl. Wolfgang Krause: Die Runeninschriften im Älteren Futhark. Göttingen 1966, S. 60. 4 Das dritte Bandmitglied, Lindy Fay Hella, ist in der Presse nicht präsentiert und hat laut Bandleader Selvik kein näheres Verhältnis zu norrönen Stoffen, vgl. http://www.metal- experience.com/interviews/Interview%20Wardruna%202008.htm [07.09.16 15:18 Uhr]. 5 Bei diesem handelt es sich, nach Düwel um einen „Laienforscher“, siehe hierzu: S. 27 dieser Arbeit. 6 Yggdrasil, S. VI. 2 for sharing your vast amount of knowledge.“7 Da die Zusammenarbeit des Runologen und der Band sich als sehr ausgedehnt zeigt, soll auf diese näher eingegangen werden. Bei der Untersuchung der einzelnen Songs wird unterschieden zwischen denjenigen Songs, welche sich einer Rune widmen und den drei anderen Songs „Rotlaust tre fell“, „Solringen“ und „Helvegen“. Aufgrund der Zielsetzung der erstgenannten Gruppe, nämlich die Runen darzustellen, werden diese auf eben jene Darstellung hin untersucht, während die zweitgenannte Gruppe eine stärker auf die Rezeption fokussierte Analyse erfährt. Ein weiterer wichtiger Teil der Untersuchung ist Wardrunas esoterischer und schamanistischer Anspruch, der weiter unten näher dargestellt wird. Dieser wird zum einen in Bezug auf die Selbstdarstellung der Band untersucht und später anhand der Forschung analysiert. Diese Analyse ist eingebettet in eine Untersuchung der Edda-Rezeption durch die Band. Daran anknüpfend wird untersucht, auf welche Art und Weise Wardruna mit ihrem Quellenmaterial umgehen, um abschließend ein Resümee zu ziehen. 2. Selbstdarstellung der Gruppe Wie bereits in der Einleitung erwähnt wurde, stellen sich Wardruna insgesamt als eine Band dar, die sich intensiv mit norröner Kultur, Mythologie und Sprache auseinandersetzt. Doch im Einzelnen unterscheiden sich die Selbstdarstellungen der Künstler, wenngleich sie durchaus mannigfache Berührungspunkte aufweisen. Des Weiteren soll ermittelt werden, welche Absichten die Musiker mit dem Bandprojekt verfolgen. Zum Abschluss des Kapitels soll dargestellt werden, welches Verhältnis Einar Selvik und Kristian Espedal zum Schamanismus haben, zu dem sie sich beide bekennen.8 2.1 Einar Selvik In Interviews präsentiert sich Einar Selvik als überzeugter Heide, indem er sich beispielsweise mit den Worten „Til árs ok fridar!“9 verabschiedet, welches sich vom Segen „Ár ok friðr“10 ableitet, welcher durch ein Königsopfer an den Gott Freyr erreicht wurde.11 Dies korrespondiert mit der Aussage von Selviks Bandkollegen Espedal, dieser stünde in starkem Zusammenhang 7 Yggdrasil, S. VI. Da in diesem Absatz nur auf bereits aufgeführte Personen referenziert wird, ist davon auszugehen, dass es sich bei „Lars“ um Lars Magnar Enoksen handelt. 8 „Für gute Ernte und Frieden“, Vgl. Dirk-Bengt: Wardruna – Interview mit Mastermind Einar „Kvitrafn“ Selvik. http://www.burnyourears.de/interviews/3103-wardruna-interview-mit-mastermind-einar-kvitrafn- selvik.html [19.07.16 16:43 Uhr]. 9 http://www.metal-experience.com/interviews/Interview%20Wardruna%202008.htm [12.08.16 15:42 Uhr]. 10 „Gute Ernte und Friede“, Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. Stuttgart 20063, S. 24. 11 Vgl. Simek 2006, S. 24f. 3 mit Freyr.12 Zudem gibt er an „[y]ou can say I am a practicing Asatru but I am not sure I would define my personal belief into any specific system.”13 Mittels dieser Aussage grenzt sich Selvik von einer der bekannten neopaganen Strömungen ab, ohne jedoch zu konkretisieren, weshalb. Gleichwohl ist er „a member of the Norwegian Asatru fellowship but I would not exactly define myself as an Asatru because I doubt one did in the early days as well because any nature belief is so bound by nature and the surroundings that you live in.”14 Auf dem Bandfoto im Booklet15 stellt sich Selvik eindeutig in einer Odinallegorie dar: Der Stab verdeckt ein Auge, als hätte er es verloren, beziehungsweise wie Odin geopfert. Zudem kann dieser Stab als Wanderstock gesehen werden, was eine weitere Parallele zu einem der Attribute Odins hat. Überdies symbolisieren die Amulette des Armbandes aufgrund der Zeichnungen16 eine Affinität zu Magie, welche auch bei Odin als „Gott der Magie“17 gegeben ist. Auch Selviks Künstlername „Kvitrafn“ stellt eine Verbindung zum „‚Rabengott‘“18 dar. Diese Verwendung heidnischer Topoi durchdringt auch den Rest der Arbeit Selviks. Sein eigenes Studio nennt sich „Fimbulljóð-Studio“,19 in Anlehnung an das Motiv des Fimbulwinters.20 Des Weiteren erscheint das dritte Album bei dem von Selvik neu gegründeten Label „ByNorse Music“, dessen Logo aus Runen des jüngeren Futharks besteht.21 Dennoch gibt Selvik an, keine Authentizität anzustreben: Mir ist es gar nicht so wichtig, authentisch zu sein, so lange ich es schaffe, die richtige Energie und Atmosphäre einzufangen. Das Ziel von WARDRUNA ist es nicht, eine Wiederholung oder Wiederbelebung der Wikinger zu sein, sondern vielmehr etwas Neues zu schaffen: unter Zuhilfenahme alter Mittel und Gedanken.22 Daraus leitet sich auch der programmatische Leitsatz der Band ab: „Sowing New Seeds, Strengthening Old Roots“.23 Dies stellt eine mögliche Verbindung zum Kult des Odinshofs dar: 12 Vgl. Faceculture: Interview Wardruna – Gaahl (part 2). https://www.youtube.com/watch?v=GceC0Jp8tfE [12.08.16 16:28 Uhr]. 1:34-1:38. 13 John Robb: Wardruna. An In Depth Interview With Brilliant Norwegian Band With Viking Roots Music. http://louderthanwar.com/wardruna-an-interview-with-brilliant-norwegian-band-with-viking-roots-music-who- play-london-in-oct/ [24.10.16 17:10 Uhr]. 14 http://louderthanwar.com/wardruna-an-interview-with-brilliant-norwegian-band-with-viking-roots-music- who-play-london-in-oct/ [24.10.16 17:29 Uhr]. 15 Näher beschrieben in Kapitel 3.1. 16 Welche Ähnlichkeiten zu Binderunen und Galdrastafir aufweisen. 17 Simek 2006, S. 310. 18 Ebd., S. 310. 19 „Gewaltiges Lied“ vgl. Yggdrasil, S. VI. 20 Vgl. Simek 2006, S. 102. 21 Vgl. Appendix B, S. VII. Erkennbar ist dies an der letzten Rune, welche im älteren Futhark dem Laut „ʀ“ entspräche, dadurch aber nicht mehr mit dem Namen des Labels kongruieren würde. 22 http://www.burnyourears.de/interviews/3103-wardruna-interview-mit-mastermind-einar-kvitrafn-selvik.html [01.09.16 15:35 Uhr]. 23 Ebd. [07.09.16 14:25 Uhr]. 4 „Die überwiegend jungen Mitglieder haben kein Interesse daran, uploads/Litterature/ norrone-rezeption-bei-wardruna-mit-fokus.pdf

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