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+LUVFK$OIUHG 'HU'LDORJGHU6SUDFKHQ6WXGLHQ]XP6SUDFKXQGhEHUVHW]XQJVGHQNHQ:DOWHU %HQMDPLQVXQG-DFTXHV'HUULGDV 0QFKHQ  'LVV   XUQ QEQ GH EYE EVE 'LH3')'DWHLNDQQHOHNWURQLVFKGXUFKVXFKWZHUGHQ Alfred Hirsch Der Dialog der Sprachen Studien zum Sprach- und Übersetzungsdenken Walter Benjamins und Jacques Derridas Wilhelm Fink Verlag Umschlagabbildung: Babylonischer Tempelturm Objekt von Thomas Böing Meinen Eltern Charlotte und Alfred Hirsch f Bayerische I Staatsbibliothek I München Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Hirsch, Alfred: Der Dialog der Sprachen : Studien zum Sprach- und Übersetzungs- denken Walter Benjamins und Jacques Derridas / Alfred Hirsch. - München: Fink, 1995 (Phänomenologische Untersuchungen; Bd. 4) Zugl.: Diss. ISBN 3-7705-2937-5 NE:GT ISBN 3-7705-2937-5 © 1995 Wilhelm Fink Verlag, München Inhaltsverzeichnis Einleitung 9 1 Die Vielzahl der Sprachen Babels 19 1.1 Fragmente einer Geschichte des Sprachdenkens 21 1.1.1 Heidnisches Babylon und machtgeschichtliches Babel 21 1.1.2 Der Verlust der paradiesischen Sprache 25 1.1.3 Der Logos und die hellenistischen Sprachreflexionen 29 1.1.4 Augustins Gott in der Sprachgeschichte 33 1.1.5 Die Vielheit der Sprachen vor der einheitlichen Vernunft 35 1.1.6 Poetische Skepsis und plurale Sprachvernunft 37 1.1.7 Im Hinterhalt der Sprache 41 1.2 Übersetzen und Verstehen 44 1.2.1 Ohne Treue 44 1.2.2 ,Sinn für Sinn' 48 1.2.3 Die Nationalsprache und der Geist des Originals 51 1.2.4 Zur Hermeneutik des vermittelnden Übersetzens 57 1.2.5 Übersetzendes Einfühlen und nationale Selbstbehauptung 62 1.2.6 Generierung des Sprachsystems und linguistische Transformation 66 1.2.7 Sprachliche Algorithmik als Sinnvermittlung 71 2 Die Übersetzung zwischen den Zeilen 77 2.1 Über Übersetzung und die Sprache des Menschen 80 2.1.1 Benjamins Profanation der Sprachmystik 80 2.1.2 Die Namenssprache und die Mitteilung des Nicht-Mitteilbaren 91 2.1.3 Übersetzung und Offenbarung 104 2.2 Kritik und Übersetzung 111 6 INHALTSVERZEICHNIS 2.2.1 Das Reflexionsmedtum der Poesie 116 2.2.2 „... am Gebilde noch durch Abbruch zu bauen ..." 126 2.2.3 Der Name und ,die Idee der Kunst' 132 2.2.4 Die Irreduzibilität der Reproduktion 136 2.3 Literalität und Unendlichkeit 142 2.3.1 Die Aufgabe und die Wiedergabe des Nicht-Mitteilbaren 142 2.3.2 Allegorie und Interlinearversion (Allegorien I) 152 2.3.3 ,the vessel keeps breaking constantly' 160 2.3.4 Schuld und Verlangen der Übersetzung 167 3 Dekonstruktive und allegorische Übersetzung 181 3.1 Das Zeichen und die Schrift 183 3.1.3 Derridas Zeichen- und Sprachbegriff im Ausgang von F. de Saussure 183 3.1.2 Schrift versus Stimme und Univozität 198 3.2 Dekonstruktive Übersetzung 213 3.2.1 Babel, der Königsmantel und die Übersetzung 213 3.2.2 .System in Dekonstruktion' 229 3.2.3 Übersetzung und Überlieferung 237 3.3 Die Übersetzung und das Problem der Rhetorizität der Sprache 243 3.3.1 Literalität und Figuralität 243 3.2.2 The ,defective cornerstone' (Allegorien II) 252 4 Dialog und Übersetzung 263 4.1 Die Spur des Anderen in der Übersetzung 265 4.1.1 Die Spur und das Unberührbare 265 4.1.2 Das ,Heilige'in der Übersetzung 277 4.2 Von der dialogischen Ergänzung des Fremden 286 INHALTSVERZEICHNIS 7 4.2.1 Dialog und Übersetzung 286 4.2.2 Die Dialogizität der Allegorie (Allegorien III) 301 4.2.3 Die Ergänzung des Fremden in der Übersetzung 309 Literaturverzeichnis 317 Personenregister 331 Sachregister 333 9 Einleitung Wie ehemals die Sprache selbst als zweitrangig und akzidentell gegen- über dem Denken und dem Seienden von der Philosophie gehandelt wurde, so verfährt diese noch immer - nach der Rehabilitierung der Sprache - mit dem Problem der Übersetzung. Im Vordergrund des sprachphilosophischen Interesses steht die Sprache im allgemeinen, und man glaubt, dort schon jene Bezüge und Prozesse zu erkennen, die auch für die Übersetzung im besonderen gelten. Warum aber verweigert sich die Sprachphilosophie - bis auf wenige Ausnahmen - der Reflexion auf das Problem der sprachlichen Übersetzung? Dies liegt sicher darin be- gründet, daß die Sprachphilosophie in der sprachlichen Übersetzung bisher keinen Problembezirk, auf welchen zu reflektieren sich lohnen würde, entdecken konnte. Dieses wiederum mag aber darauf zurückzu- führen sein, daß, noch bevor das Gewicht der sprachlichen Pluralität für ein Sprachdenken im allgemeinen fruchtbar gemacht wurde, schon der Anspruch auf eine Universalsprache und -grammatik bestand. Die Viel- zahl und Vielfalt der Sprachen spielt ja gerade dann keine Rolle, wenn universelle, das heißt allen Sprachen gemeinsame und identische inner- oder außersprachliche Substanzen oder Regeln zugrunde gelegt werden. Mögen derartige Substanzen in der Geschichte des Denkens auch un- terschiedliche Titel wie Gott, Natur, Rationalität, Subjekt, ,mathesis uni- versalis' usw. getragen haben, so stehen sie doch alle für das Bemühen der Philosophie um eine zentrale und ewig wahre Instanz. Noch hinter jedem Versuch, die grammatischen und logischen Prinzipien der Spra- che im allgemeinen aufzudecken, steht das Bemühen um universelle sprachliche Regeln. Sämtliche Unternehmungen dieser Art zielen darauf, mit einer einheitlichen Grammatik die Sprache aus dem Status der Doxa in denjenigen der Episteme zu überführen. Insofern gilt die Pluralität der Sprachen dem philosophischen und sprachtheoretischen Denken von Piaton bis Chomsky als überwindenswerte und überwindbare Oberflä- cbenverschiedenheit, welche die in der Tiefe ruhende universelle und zeitlose Wahrheit nicht bedrohen kann. Indem die Philosophie die Verschiedenheit und Vielzahl der Sprachen für zweitrangig und abgeleitet erklärt, schafft sie natürlich auch sich 10 EINLEITUNG selbst Voraussetzungen, die sie zu einem translingualen und universel- len Denken erheben. Würde sie nämlich die erst von Wilhelm von Hum- boldt aufgedeckte sprachliche und sogar nationalsprachliche Bedingtheit des Denkens in ihrer ganzen Bedeutung erfassen, so müßte sie erkennen, daß allein die Philosophie des Abendlandes immer schon aus einer Viel- zahl von idiomatischen ,Denkformen' bestand und noch immer besteht. Die Verflechtungen von Sprache und Denken, Sprache und Dingwelt, Sprache und sozialer Welt usw. lassen aber die Annahme als gesichert erscheinen, daß besonders die philosophische Tradition des Abendlan- des nicht nur eine Vielzahl an verschiedenen Sprachen, sondern auch eine Vielzahl an radikal verschiedenen Denk- und Kulturformen durch- laufen hat. Übersetzungen aus der griechischen Antike in die deutsche Sprache des neunzehnten Jahrhunderts beispielsweise entsprechen ei- nem Sprung in die Fremde, dem kaum eine Sinnkontinuität von Aus- gangs- und Zieltext entsprechen kann; und doch schließt die Rezeption der griechischen Philosophie oft an Übersetzungen griechischer Texte in einer Weise an, als sei im Verfahren der Übersetzung eine identische Substanz nur in ein neues sprachliches Gewand gekleidet worden. Es drängt sich daher gerade in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob nicht sämtliche Gehalte der fremden Ausgangssprache auf das Eigene der Zielsprache reduziert werden. Für die Übersetzung der griechischen Philosophie ins Deutsche bedeutete dies, daß wir, noch bevor wir bei- spielsweise eine Ahnung vom spezifisch Griechischen des Platonischen Denkens gewinnen könnten, Piaton bereits zu einem Denker in deutscher Sprache gemacht hätten. Die Wahrheit des griechischen Denkens und der griechischen Sprache wird so vorschnell zu einer Wahrheit des deut- schen Denkens und der deutschen Sprache. Ein Ethnozentrismus die- ser Art erstreckt sich nicht nur auf die Appropriation fremder Kultur und fremden Denkens, sondern schafft zugleich auch ein vermeintlich uni- verselles Wahrheitszentrum für Sein und Naturgeschichte. Indem die Philosophie über weite Strecken ihrer Entwicklung darauf verzichtet hat, die Sprache als Bedingung der Möglichkeit von Erkennt- nis zu denken, mußte ihr auch entgehen, daß die Verschiedenheit und Vielzahl der Sprachen gerade als solche Bedingung der Möglichkeit von Erkenntnis sind. Wenn Sprache nicht nur das Zeichenmaterial ist, wel- ches einen vorsprachlichen Gedanken wiedergibt, sondern eine unent- flechtbare Verschränkung von Gedanke und Wort der Fall ist, dann bedarf es auch der Vielfalt und Verschiedenheit der Sprachen, um die im sprachlichen Ausdruck zur Welt kommenden Wahrheiten zu entdek- EINLEITUNG 11 ken. Wenn Humboldt feststellt, daß ,die Sprachen' nicht Mittel sind, die schon erkannte Wahrheit einfach zu repräsentieren, sondern daß sie vielmehr dazu da sind, „die vorher unerkannte zu entdecken"1, dann macht er deutlich, daß die Entdeckung der Wahrheit nur mittels der Vielheit der .Sprachen' denkbar ist. Die Reflexion eines solchen Entdek- kungsverfahrens der .Sprachen' könnte allerdings offenbaren, daß es ebenso, wie es eine Vielzahl an Sprachen und Denkweisen gibt, auch eine Vielzahl an Wahrheiten und Sinnzentren geben muß. Erst eine als irreduzibel gedachte Verschiedenheit der Sprachen würde der Übersetzung und ihrer sprachphilosophischen Reflexion jene Bedeu- tung beimessen, die sie zur entscheidenden Voraussetzung philosophi- scher Erkenntnis überhaupt macht. Indem die Philosophie sich dem Problemfeld der Übersetzung nähert, bringt sie auch ein Problem in den Blick, das für das philosophische Verstehen im allgemeinen grundlegend ist: die Philosophie müßte Auskunft über die Identität und Differenz der Idiome geben. Gäbe es nämlich tatsächlich nur Idiome als in sich ge- schlossene Monaden, die keine Ähnlichkeiten oder Verwandtschaften mit anderen Idiomen unterhalten könnten, dann wäre Übersetzung als solche sinnlos, weil sie unmöglich wäre. Die Fremdheit zwischen den Sprachen kann nicht zur absoluten Fremdheit heraufgesteigert werden, da sich sonst das praktische und alltägliche Funktionieren der Überset- zung nicht erklären ließe. Auch bieten all jene Theorien kein wirkliches Verständnis von Identität und Differenz der Sprachen, die vermittels der Formalisierung und Idealisierung sprachlicher Strukturen eine Schema- tisierung sprachlichen Geschehens vornehmen, welche den sprachlichen Bewegungen kaum gerecht werden. Zumeist sind es aber gerade die for- matierenden sprachtheoretischen und linguistischen Ansätze - von Leibniz über Frege bis zu Quine und Chomsky -, die die Vereinheit- lichung des Sprachpluralismus im Medium universeller grammatischer Strukturen für möglich erachten. Aber gerade vor dem Hintergrund ei- nes Übersetzungsverfahrens, das sich auf eine Universalgrammatik be- ruft, kündigt sich ein Problem an. Denn wenn es in der Übersetzung um die Übertragung sprachlicher Bedeutung auf der Basis von universal- grammatischen Vorgaben geht, dann wird die Identität der Sprachen um einen Preis erreicht, der den radikalen Sprachpluralismus verdeckt. Eine Wilhelm von Humboldt, uploads/Litterature/ alfred-hirsche-dialog-der-sprachen-benjamin-derrida.pdf

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